Ich weiß
nicht so recht wie ich diesen Post beginnen soll. Es ist wirklich ein komisches
Gefühl, dass der Rückflug so kurz bevor steht. Denn ich kann mich noch sehr gut
daran erinnern, als mich Bella, Kerstin und Jogi an den Frankfurter Flughafen
gefahren haben und ich quasi von Nellingsheim bis Entebbe durch geheult habe.
Die ersten Tage und Wochen waren extrem hart und von ungeheurem Heimweh
geprägt. Es war schwer, mich in der Welt Uganda’s einzufinden und zu begreifen,
dass ich jetzt tatsächlich 6 Monate nicht mehr daheim sein werde. Nachdem ich
mich gefangen hatte, habe ich mich auf Uganda und das Leben hier einlassen
können. Es wurde Alltag, draußen zu frühstücken mit Blick auf die tolle
Landschaft, mit schlapprigem, ungetoasteten Toast und Schwarztee (ich freue
mich auf die Vielfalt an Teesorten in meinem Küchenschrank); sich danach die
Zähne vor der „Haustür“ mit einer Wasserflasche in der Hand zu putzen und sich
auf ein Boda zu schwingen um eine Gruppe irgendwo im Busch aufzusuchen. Es war
normal, zu Mittag zu essen um 14 Uhr (meine Zwei vom Daimler – nichts mit
„11:45 Uhr vor der Kantine“J), wenn der Magen schon in den
Kniekehlen hing um dann Pocho, Reis oder Kartoffeln mit Bohnen serviert zu
bekommen (ist übrigens wirklich lecker – aber 186 Tage in Folge ist das etwas
eintönig). Es ist kein Problem, mit frischen Klamotten und Waschbeutel
bewaffnet in die Dusche zu gehen und mit Kaltwasser zu duschen (immerhin können
wir duschen, viele der Ugander müssen Wasser aus einem Brunnen oder Fluss
schöpfen). Danach wird das Feuerholz gesammelt und das Gemüse geschnippelt um
auf den Feuerstellen das Abendessen zu zubereiten. Danach wurde mit der
Stirnlampe am Kopf und einer Sammlung an Utensilien erneut die Dusche
aufgesucht um die „Katzenwäsche“ zu erledigen, bevor man sich ins Bett legt,
das Moskitonetz unter die Matratze stopft und schläft. Das wurde alles
Normalität und stellte kein Problem dar. Man gewöhnt sich so schnell an diese
Dinge. Das ist unglaublich. Ich kann es mir momentan noch gar nicht vorstellen,
wieder einen Kühlschrank mit Milch zu haben oder meine schmutzigen Klamotten in
die Waschmaschine zu stopfen und nach einer Stunde sauber herauszuholen. Man
lernt Dinge zuhause erst wieder zu schätzen. Wie Warmwasser, ein Waschbecken um
Hände zu waschen, einen Herd, eine Kaffeemaschine, das eigene Auto – aber es
erstaunlich – auch ohne das alles hat es super funktioniert ein halbes Jahr.
Klar, nicht immer ist man erfreut darüber – aber auch zuhause gibt es Tage an
denen man bessere Laune oder schlechtere Laune hat. Wichtig ist die
Einstellung: wir haben hier alles mit einer gesunden Portion Humor genommen und
anstrengende Situationen waren dann gar nicht mehr so schlimm, Regen und
matschige Straßen waren ertrag- und dann halt barfuß begehbar – man darf in schlechten
und nervigen Situationen nicht das Positive aus dem Auge verlieren – dann hält
man alles durch. Aber das klingt jetzt alles nur nach Herausforderung und
Anstrengung. Das ist natürlich falsch – denn es gab viele unglaublich schöne,
witzige und rührende Momente: wenn Kinder angerannt kommen mit strahlenden
Gesichtern und dich an der Hand nehmen, wenn 40-jährige Beneficiaries sich
darüber freuen eine Karte mit ihrem Namen und ihrem Bild zu bekommen der sie
als Mitglied von Give a Goat ausweist oder wenn sich Leute darüber freuen dass
du in ihrer Sprache grüßen, nach dem Wohlfinden fragen und verhandeln kannst.
Es gibt aber natürlich auch die persönlichen Erfolgserlebnisse: wenn das
Feuerholz nass ist und man (also Elisa) trotzdem ein Feuer zustande bekommt,
wenn man den inneren Schweinehund überwindet trotz Kakerlaken sich aufs „Klo“
traut, wenn man durch Länder reist ohne Führer oder Ahnung und trotzdem wohl
behalten am Ziel ankommt oder wenn man entnervt ist schlechte Laune hat und nur
noch heim will die Pobacken zusammen kneift, die Schultern strafft und
weitergeht, weil man sich sagt, es könnte schlimmer sein. Die 186 Tage in
Uganda waren schön, hart, witzig, anstrengend, spannend, zäh, erlebnis- und
ereignisreich. Und ich weiß, dass viele zuhause im ersten Moment meine
Entscheidung, die ich vor fast einem Jahr traf nicht nachvollziehen und
verstehen konnten. Aber ich bereue keinen meiner Schritte – ich bin froh, dass
ich mir diese „Auszeit“ genommen habe. Viele haben mir zum Abschied gesagt,
dass sie hoffen ich finde wonach ich gesucht habe – JA das habe ich J
So damit
ihr aber auch wisst, wie die letzten Tage hier am Projekt für mich sind/ waren
auch hierzu noch einige Sätze: Elisa und ich haben die letzten gemeinsamen Tage
am Projekt damit verbracht die Ankunft der neuen Volunteers vorzubereiten –
dazu gehörte auch unsere Erfahrungen und unsere Arbeit zu dokumentieren und
sauber in Form eines Ordners (die Sekretärin in mir lebt J)
zu „hinterlassen“. Wir haben unser Zimmer aufgeräumt und ich habe meine ganzen
in Uganda, Ruanda und auf Sansibar erstandenen Sachen (evtl. könnte man es
Kaufsucht nennen) in meinen Koffer gepackt. Ich bin gespannt, wie schwer mein
Koffer und mein 75 Liter-Rucksack an der Gepäcksaufgabe in Entebbe sein werden
– sollte ich meinen Koffer überhaupt zubekommen. Wir haben bewusst ein letztes
Mal auf dem Markt eingekauft, waren ein letztes Mal Gonja & Beans essen und
heute Abend werden wir einen „Revivial-Abend“ feiern: wir werden Reis mit
G’säls essen, dazu ein Bierchen mit Cola trinken und uns Keanu Reeves und
Patrick Swyaze in „Gefährliche Brandung“ gönnen. Montag Abend hatten wir noch
einen Angriff der „Killer“-Spinnen zu bewältigen. Wir saßen nichts-ahnend im
Büro als auf einmal 20-30 kleine Spinnen den Boden bevölkerten. Es waren zu
viele zum Töten und wir waren leicht ängstlich und beschlossen also in unser
Zimmer zu gehen. Leider fanden einige den Weg dorthin– sie haben es bitter
bereut J
Schöner war der Montag Morgen/ Mittag. wir sind mit Ericana zu unserer
Lieblingsgruppe gegangen um uns zu verabschieden. Sie haben ein Liedchen
gesungen, extra ein Mittagessen für uns gekocht und uns mit Erdnüssen, Avocados
und Mangos beschenkt. Es war wirklich ein schöner und trauriger Moment. Einer,
der immer in Erinnerung bleiben wird.
Morgen (Donnerstag)
werden wir nach Entebbe (der einzige Flughafen in Uganda) aufbrechen um dort
die neuen Volunteers am Freitag morgen um 4 Uhr am Flughafen abholen. Freitag
und Samstag werden wir mit ihnen in Entebbe verbringen (eine Fahrt vom Projekt
nach Entebbe dauert 8-10 Stunden), da mein Flugzeug am Sonntag morgen um 5 Uhr
startet.
Gerne
möchte ich an dieser Stelle noch loswerden, worauf ich mich freue, was ich
vermissen werde, wem ich ganz besonders danke und eine persönliche Statistik –
here it is:
Ich freu
mich riesig darauf…
… mit meiner
besten Freundin Bella bei vielen Tassen Kaffee quatschi quatschi zu machen
… meine
Familie wiederzusehen – vorallem meine Eltern, meinen Bruder, meine Schwägerin
und mein Patenkind, den ich bis jetzt nur von Bildern kenne
… mit meinen
Prinzessinnen (Jogi, das schließt dich mit ein) viele Flaschen Sekt zu
vernichten und festen zu gehen
…
Milchschnitten im Kühlschrank gebunkert zu haben
… Spezi
in rauen Mengen trinken zu können
… dass
Jürgen mir Schweinshaxe zubereitet J
… auf
ein Klo gehen zu können
Vermissen
an und in Uganda werde ich …
… Elisa
– besser bekannt als eine der Obama Schwestern J
… den
wahnsinnig schönen Ausblick beim Frühstück
… George,
Robert, Jane und Daisy
… erst
die Taps- und Renngeräusch zu hören und dann die Herde Ziegen an mir
vorbeirennen zu sehen
… meine
Wäsche nicht bügeln zu müssen J
DANKEN
möchte ich von Herzen:
Meiner
Bella: du hast dich so liebevoll um meine Wohnung und meine Post gekümmert in
den letzten 6 Monaten. Das ist nicht selbstverständlich und ich weiß das sehr
zu schätzen. Danke, für deine Unterstützung vor und während dieses Abenteuers.
Ohne deine Freundschaft hätte ich manche Situation hier nicht durchgestanden.
Die Telefonate, Mails und SMSen haben mich immer gefreut, aufgebaut und zum
Lachen gebracht. Auch über viele Kilometer hinweg bist du die beste Beste
Freundin die man sich wünschen kann.
Meinen
Eltern/Steffen & Katja: ihr seid meine Familie und habt mir von Anfang an
den Rückhalt gegeben, den man sich wünscht und braucht um solch eine Reise anzutreten.
Einmal wöchentlich hab ich einen von euch zugetextet und ihr habt mir erzählt,
wie es der Familie geht. Spezieller DANK an dich Papa, du hast dich lieb um
meine Finanzen und mein Auto gekümmert.
Steffen und Katja, die Telefonate mit euch und Evo waren jedesmal wunderschön,
mein Patenkind quieken zu hören war echt toll und dass ihr mich so fleißig mit
Bildern von ihm gefüttert habt. Auch dass ihr mich in meinen Entscheidungen so
unterstützt und gestärkt habt bedeutet mir sehr viel.
Elisa
alias Hanni: wir wurden in Uganda „The Twins“ genannt und haben uns dann selbst
in „Hanni & Nanni“ umgetauft. Die letzten 6 Monate wären ohne dich nicht
die selben gewesen und ich bin froh, dass wir gemeinsam dieses Abenteuer erlebt
haben. Von zwei völlig Fremden haben wir uns zu Freundinnen entwickelt. Ich
danke dir für alles: das Lachen, die Tränen, die Herausforderungen die wir alle
gemeinsam gemeistert haben und natürlich das Feuer machen jeden Abend J
Auch diesen Tag, haben wir erfolgreich überstanden.
Meine
Prinzessinnen/Jogi: durch die Telefonate, Bilder und Mails habt ihr mich an
allem immer teilhaben lassen und ich habe mich immer gefühlt, als sei ich dabei
gewesen. Und wenn ich Heimweh hatte, habe ich das Büchlein mit den Bildern und
Nachrichten gelesen und angeschaut oder meinen iPod geschnappt und die lieben
Worte und Songs gehört. (DANKE an alle, die daran beteiligt waren – es hat mir
oft ein Lächeln ins Gesicht gezaubert). Ich habe einfach tolle Freunde.
Noch
eine kleine Statistik zum Schluss:
Schuhverluste:
4 Paar
Schuhneukäufe:
3 Paar
Klamottenverlust:
einiges (aufgrund der Waschmaschine Model Mareen ging einiges kaputt bzw. nicht
mehr sauber)
Klamottenneuanschaffungen:
2 afrikanische Outfits, 1 T-shirt, 2 Kleider und 1 Hose von Elisa J
Krankheiten:
1 Fussverletzung, 1 Sonnenstich, 1 Virus Infektion, einige Male Kopfweh,
unzählige Male Durchfall
Highlights:
Ausgabe der ID-Cards, Kigali-Trip, Weihnachten in Uganda, Geburtstagsfeier mit
einem 7-Jährigen, Pakete aus Deutschland, Sansibar-Urlaub, Verhandlungen auf
dem Markt, Workshops begleiten
Lachanfälle:
4-5 pro Tag
Tränen:
zu Beginn in Strömen
Getötete
Spinnen und Kakerlaken: ca. 1.548.302
So dann
sende ich ein letztes Mal sonnige Grüße aus Uganda.
Fühlt euch alle gedrückt,
eure Mareen
PS: Das
Bilder hochladen funktioniert leider seit 2 Wochen nicht. Sobald ich zuhause
bin werde ich noch einige hochladen.